Joel P. Barmettler

AI Engineer & Researcher

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Warum KI-Projekte scheitern – und wie du zu den Erfolgreichen gehörst

Als KI-Engineer habe ich im Laufe der Jahre eine Vielzahl von Projekten begleitet und dabei immer wieder die gleichen Muster beobachtet, die über Erfolg oder Scheitern entscheiden. Meine Erfahrungen zeigen: Der Unterschied zwischen erfolgreichen und gescheiterten KI-Projekten liegt oft nicht in der Technologie selbst, sondern in der Art und Weise, wie wir an diese Projekte herangehen.

Der richtige Start ist entscheidend

Viele Unternehmen starten mit einer bereits fest definierten Idee in ihr KI-Projekt. "Wir brauchen einen Chatbot" oder "Wir wollen Dokumentenerkennung mit KI" sind typische Ausgangspunkte. Doch genau hier liegt oft der erste Fehler. Stattdessen empfehle ich, einen Schritt zurückzutreten und zunächst die grundlegenden Fragen zu stellen: Wo liegen unsere echten Schmerzpunkte? Wo verschwenden wir Zeit und Ressourcen? Wo könnte KI einen echten Mehrwert schaffen?

Diese Analyse sollte sowohl von oben als auch von unten erfolgen. Während das Management oft die grossen strategischen Herausforderungen kennt, wissen die Mitarbeiter an der Basis häufig besser, wo im täglichen Betrieb die eigentlichen Ineffizienzen liegen. Ein Beispiel: Während das Management vielleicht die hohen Supportkosten sieht, wissen die Mitarbeiter genau, dass sie täglich Stunden damit verbringen, eingehende E-Mails manuell zu kategorisieren und weiterzuleiten – eine Aufgabe, die sich hervorragend für Automatisierung eignet.

Messbare Ziele statt vager Hoffnungen

Ein weiterer kritischer Erfolgsfaktor ist die Definition klarer, messbarer Ziele. Zu oft höre ich Formulierungen wie "Wir wollen KI einsetzen" oder "Das System soll 80% Genauigkeit erreichen". Doch was bedeutet das konkret? 80% Genauigkeit wobei? Und was passiert mit den 20% Fehlern?

Stattdessen müssen wir tiefer gehen. Wenn wir beispielsweise ein System zur E-Mail-Kategorisierung entwickeln, sollten wir verstehen: Wie viele E-Mails werden aktuell falsch weitergeleitet? Wie viel Zeit kostet das? Was bedeutet ein Fehler für den Kundenservice? Erst wenn wir diese Baseline verstehen, können wir sinnvolle Ziele definieren und den Erfolg des Projekts messen.

Der iterative Weg zum Erfolg

KI-Projekte sind keine linearen Vorhaben. Sie erfordern einen iterativen Ansatz, bei dem wir kontinuierlich lernen und uns anpassen. Statt grosse, mehrmonatige Projekte zu planen, empfehle ich kurze, fokussierte Iterationen. Jede Phase sollte nicht länger als einige Wochen dauern und ein klares, erreichbares Ziel haben.

Der Vorteil dieses Ansatzes liegt auf der Hand: Wir können schnell erkennen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Wenn ein Ansatz nicht funktioniert, haben wir nicht Monate verschwendet, sondern können schnell gegensteuern. Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass "Scheitern" in frühen Phasen nicht nur normal, sondern oft sogar wertvoll ist – vorausgesetzt, wir lernen daraus.

Die technische Umsetzung: Pragmatismus statt Perfektionismus

Bei der technischen Implementierung stehen wir oft vor der Wahl zwischen verschiedenen Ansätzen. Sollen wir ein eigenes neuronales Netz trainieren oder existierende Sprachmodelle nutzen? Brauchen wir Echtzeit-Verarbeitung oder reicht eine verzögerte Analyse? Die Antworten auf diese Fragen hängen von vielen Faktoren ab.

Meine Erfahrung zeigt: Es ist besser, mit einem einfachen, funktionierenden System zu starten und dieses schrittweise zu verbessern, als von Anfang an die perfekte Lösung anzustreben. Ein simpler regelbasierter Ansatz, der 60% der Fälle abdeckt, kann wertvoller sein als ein komplexes KI-System, das nach monatelanger Entwicklung immer noch nicht produktiv ist.

Transparenz als Schlüssel zum Vertrauen

Ein oft unterschätzter Aspekt ist die Nachvollziehbarkeit der KI-Entscheidungen. Nutzer müssen verstehen können, warum das System eine bestimmte Entscheidung getroffen hat. Dies schafft nicht nur Vertrauen, sondern ermöglicht auch eine kontinuierliche Verbesserung des Systems.

Bei unserem E-Mail-Kategorisierungssystem bedeutet das beispielsweise, dass wir nicht nur die finale Entscheidung sehen, sondern auch den Weg dorthin: Welche Schlüsselwörter waren ausschlaggebend? Welche alternativen Kategorien wurden in Betracht gezogen? Diese Transparenz hilft sowohl bei der Fehleranalyse als auch bei der Akzeptanz des Systems.

Der Weg in die Produktion

Der Übergang von einem funktionierenden Prototyp zu einem produktiven System ist oft der kritischste Moment. Hier zeigt sich, ob unsere Lösung wirklich praxistauglich ist. Dabei geht es nicht nur um technische Aspekte wie Performance und Skalierbarkeit, sondern auch um die Integration in bestehende Prozesse und die Schulung der Nutzer.

Fazit: Die richtige Balance ist entscheidend

Erfolgreiche KI-Projekte zeichnen sich durch eine ausgewogene Mischung aus technischer Expertise und Business-Verständnis aus. Sie kombinieren kurzfristige Erfolge mit einer langfristigen Vision und bleiben dabei immer flexibel genug, um aus Erfahrungen zu lernen und sich anzupassen.

Meine wichtigste Erkenntnis nach Jahren der Projektarbeit: Investieren Sie mindestens genauso viel Zeit in die Gestaltung und Verbesserung ihrer Prozesse wie in die eigentliche Entwicklung. Nur so können Sie nachhaltig erfolgreiche KI-Projekte umsetzen und echten Mehrwert für Ihr Unternehmen schaffen.

Was sind die häufigsten Gründe für das Scheitern von KI-Projekten?

Die häufigsten Gründe sind: Fehlende klare Problemdefinition zu Projektbeginn, vage statt messbarer Ziele, zu ambitionierte erste Implementierungen, mangelnde Integration in bestehende Prozesse und unzureichende Einbindung der späteren Nutzer. Oft liegt der Fokus zu sehr auf der Technologie statt auf der Lösung konkreter Geschäftsprobleme.

Wie sollte man ein KI-Projekt richtig starten?

Der richtige Start beginnt mit einer gründlichen Analyse der tatsächlichen Geschäftsprobleme und Ineffizienzen. Dabei sollten sowohl Management-Perspektiven als auch Feedback von Mitarbeitern an der Basis einbezogen werden. Statt mit einer vordefinierten Lösung zu beginnen, sollte zunächst identifiziert werden, wo KI einen echten Mehrwert schaffen kann.

Wie definiert man messbare Ziele für KI-Projekte?

Messbare Ziele sollten konkret und geschäftsorientiert sein. Statt vager Genauigkeitsangaben sollten spezifische Metriken wie Zeitersparnis, Kosteneinsparungen oder Verbesserung der Kundenzufriedenheit definiert werden. Wichtig ist auch die Erfassung einer Baseline vor Projektbeginn, um Verbesserungen quantifizieren zu können.

Welcher Implementierungsansatz ist am erfolgversprechendsten?

Ein iterativer Ansatz mit kurzen, fokussierten Entwicklungsphasen von wenigen Wochen ist am erfolgversprechendsten. Dabei sollte man mit einfachen, funktionierenden Lösungen beginnen und diese schrittweise verbessern. Wichtig ist auch die kontinuierliche Validierung und Anpassung basierend auf realem Feedback.

Wie wichtig ist Transparenz bei KI-Systemen?

Transparenz ist entscheidend für den Erfolg von KI-Systemen. Nutzer müssen verstehen können, warum das System bestimmte Entscheidungen trifft. Dies schafft Vertrauen, ermöglicht effektive Fehleranalyse und verbessert die Akzeptanz. Entscheidungswege sollten nachvollziehbar dokumentiert und visualisiert werden.

Wie gelingt der Übergang von Prototyp zu Produktivsystem?

Der erfolgreiche Übergang erfordert Beachtung technischer Aspekte wie Performance und Skalierbarkeit, aber auch organisatorischer Faktoren. Wichtig sind gründliche Tests unter realen Bedingungen, schrittweise Einführung, ausreichende Schulung der Nutzer und klare Prozesse für den Produktivbetrieb sowie die kontinuierliche Wartung und Verbesserung.

Welche Rolle spielt Change Management bei KI-Projekten?

Change Management ist kritisch für den Erfolg von KI-Projekten. Es umfasst die frühzeitige Einbindung aller Stakeholder, klare Kommunikation über Ziele und Erwartungen, ausreichende Schulung der Nutzer und die Berücksichtigung von Ängsten und Widerständen. Ein gut durchdachtes Change Management ist oft wichtiger als die technische Implementierung selbst.

Wie kann man den ROI von KI-Projekten messen?

Der ROI sollte anhand konkreter Geschäftskennzahlen gemessen werden. Dies können direkte Kosteneinsparungen, Zeitersparnisse, Qualitätsverbesserungen oder Umsatzsteigerungen sein. Wichtig ist die Definition dieser Metriken vor Projektbeginn und ihre kontinuierliche Messung während und nach der Implementierung. Auch indirekte Vorteile wie verbesserte Mitarbeiterzufriedenheit sollten berücksichtigt werden.


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